Glaube und Religion : ein Grundbedürfnis des Menschen ?

Kurze Zusammenfassung unserer Ergebnisse vom Donnerstag, den 1.8.13.
Religion gibt einen Lebenssinn, hilft in der Verzweiflung und erklärt unverständliche Dinge. Ausserdem werden Privilegien kleinen Gruppen vorenthalten. Hinzu kommt der Aspekt der Tradition und den moralischen Halt für das Zusammenleben in einer Gesellschaft.
Warum braucht der Mensch so etwas wie Religion?
Die Antworten, die wir liefern, sind keine neuen Erkenntnisse, aber dennoch ist es sinnvoll, für die weitere Arbeit von uns, uns über so prinzipielle Dinge im Klaren zu sein. So haben wir verschiedene Gründe heraus gestellt, die erklären, wieso der Mensch eine Religion braucht und diese auch begrüßt.
Zum einen zählt hier der Aspekt, das der Mensch die Religion einfach aus der Tradition heraus annimmt. Man bedenke, dass Kinder oft nur deshalb getauft werden, weil die Eltern römisch.katholisch oder protestantisch sind. Dadurch werden die Kinder nicht nur von vorne herein in eine bestimmte Religion “hineingezwungen”, ihnen wird in der darauffolgenden religiösen Erziehung der Glaube der Eltern auch näher gebracht. Ein römisch-katholisch getauftes Kind durchläuft automatisch die Instanzen wie Kommunion und Firmung, ein protestantisch getauftes Kind die Konfirmation. Ähnlich gestaltet es sich in den anderen Religionen, so werden muslimische Kinder schon früh in Koranschule gebracht. Kinder lernen also aus Tradition automatisch als erstes die Religion kennen, die ihre Eltern haben. Diese haben sie ebenfalls von ihren Eltern. Religionen sind oft regional begrenzt, was dafür sorgt, dass es Zufall ist, mit welcher Religion das Kind als erstes in Kontakt tritt. Bei der regionalen Begrenzung geht es lediglich um das Gebiet, in dem die meisten Anhänger der selben Religion leben (z.B das christliche Abendland, der muslimische Nahe Osten etc.) .  Religion muss erlernt werden. Wieso ist es Eltern aber so wichtig, dass ihre Kinder Religion lernen?
Nicht nur aus Traditionsgründen wollen Eltern ihre Religion an ihre Nachkommen weitergeben. Religion liefert außerdem ein Moral- und Wertesystem. So wird den Kindern beigebracht, wie sie sich in unserer Gesellschaft zu verhalten haben und erlernen anhand von praktischen Beispielen, was richtig und was falsch ist. Dies ist ein wichtiger Grund, weshalb so etwas wie Religion eigentlich existiert. Es gibt viele Emotionen, mit denen man nur schwer umgehen kann, so muss einem gezeigt werden, was in einem speziellen Falle zu tun ist. Dabei helfen diverse Geschichten (im Falle des Christentums z.B. die aus der Bibel) in den jeweiligen theologischen Werken als moralisches Raster, an dem sich orientiert werden kann. Man nehme solche Geschichten wie Kain und Abel, in der gezeigt wird, wie man mit Neid umzugehen habe. Wobei hier ein Negativbeispiel benutzt wird. Viele theologische Gleichnisse beruhen auf Negativbeispielen, die möglichst überspitzt dargestellt werden. Nach dem Motto, wer nicht hören will muss fühlen. Auch den Geschichtsschreiben war sicherlich schon bekannt, dass viele nicht unbedingt auf einen guten Rat hören. So wurde meist auf die empathischen Fähigkeiten gesetzt. Man sollte die grauenvollen Geschichten nachfühlen können und begreifen, dass es nicht in Ordnung ist, so zu handeln. Ähnliche Werke existieren in der Literatur, wie zum Beispiel der Struwwelpeter. Heutzutage ein vollkommen überholtes pädagogisches Konzept, wenn wir das mal so anmerken dürfen, aber darüber sprechen wir sicher noch ein andern mal.
Außer einem das Leben zu erleichtern, indem man das Richtig und Falsch in der Gesellschaft versteht, hilft die Religion ausserdem Trost und Hoffnung zu spenden. Es gibt einen Bereich, der den Menschen am meisten Angst macht: Der Punkt, der uns von den Tieren unterscheidet, nämlich das Bewusstsein dafür, dass wir eines Tages sterben müssen. Da wir mehr in Vergangenheit und Zukunft leben, als in der Gegenwart, machen wir die Erfahrung, dass andere, uns lieb gewordene Menschen, sterben müssen und es verdeutlicht uns jedes mal aufs neue die schmerzliche Wahrheit, dass auch uns selbst eines Tages dieses Schicksal ereilen wird. Nun müssen wir damit irgendwie zurecht kommen, es ist uns nicht vergönnt es zu ignorieren, oder es zu vergessen, zu verdrängen, wir leben nicht in der Gegenwart, so wie unsere Verwandten, die Tiere. Voller Trauer sind wir, wenn ein lieb gewonnener Mensch stirbt, also beruhigt uns der Gedanke daran, dass dieser liebe Mensch nun an einem besseren Ort als diesem ist. Aber das existiert nicht in jeder Religion. So gibt es unterschiedliche Erklärungen dafür, was nach dem Tod passiert. Glauben die Asiaten eher an Wiedergeburt, Karma und das Nirvana, so glauben Christen an das Paradies, Moslems ganz ähnlich (zumal sich die Religion aus dem Christentum entwickelt hat) und das Judentum glaubt nicht an ein Paradies. Sie denken die Erde ist das Paradies, und so erklären sich auch die unterschiedlichen Verhaltensweisen. Es soll also eine Erklärung liefern und uns Trost spenden, die Angst vor dem Tod nehmen, damit wir, einmal diese Erfahrung gemacht, weiter ein zufriedenes Leben führen können.
Aber nicht nur der noch immer unbekannte Tod wird durch die Religion erklärt, auch Phänomene, auf die die Wissenschaft noch keine Antworten hat oder hatte, werden durch die Religion erklärt. Es ist allgemein bekannt, dass mit Naturphänomenen gearbeitet wurde, um die Glaubwürdigkeit Gottes zu untermauern. Man nehme nur solche Erscheinung wie Sodom und Ghomorra, oder auch der sprechende brennende Busch, wenngleich das zweite auch nur ein Gleichnis darstellt. Es gibt Empfindungen, die einige erleben, die keine wissenschaftliche Erklärung haben. Und um sich selbst zu beruhigen, kann man dem etwas göttliches andichten. Zudem kennt jeder das überwältigende Gefühl, wenn man in der halbwegs unberührten Natur steht. Der Anblick ist so voller Schönheit, man sieht die Jahreszeiten und spürt eine gewisse Energie, nahezu eine Magie, die zwar inzwischen durchaus wissenschaftlich erklärt werden kann, aber das überwältigende Gefühl bleibt, egal wie rational man darüber nachdenkt. So ist es vielen schon gegangen, mir gerade erst wieder als ich die Reportage “Deutschland von oben” gesehen habe. Das dieser Schönheit etwas Übernatürliches zugrunde liegt, ist hierbei einfach ein naheliegender Gedanke. Man bedenke, wie imposant es gewesen muss, zu einer Zeit, in der die Vernetzung der Städte und Dörfer noch deutlich schlechter war.
Kurzum, die Religion hilft in vielerlei Hinsicht. Doch die Wissenschaft verdrängt die Religion, hinsichtlich des letzten Punktes, was auf Dauer wohl dazu führt, dass immer weniger Mensch tatsächlich an einen Gott glauben, wo doch die Wissenschaft für immer mehr, scheinbar unerklärliche Dinge, sinnvolle und vorallem nachweisbare Erklärungen findet. Die Wissenschaft nimmt der Religion die Magie. Und da die Religion inzwischen entzaubert ist, was bleibt dann noch? Die Angst vor dem Tod bleibt, die Verzweiflung bleibt und keiner spendet mehr Trost. Da viele keine Zeit haben sich eigenständig Gedanken über ein Moral- und Wertesystem zu machen, verkümmert auch diese gesellschaftlich so notwendige Konvention. Hier möchten wir auf den moralischen Gottesbeweis von Immanuel Kant verweisen, der davon ausging, dass es “moralisch notwendig,[sei] das Dasein Gottes anzunehmen”, damit die Gesellschaftlichen Strukturen erhalten bleiben und das Leben einen Sinn ergibt. Wir verlieren ein Stück Tradition und damit auch die verbundene Sicherheit. Und weil die Wissenschaft nicht vollends die Magie zu nehmen vermag, tun es die Institutionen auch noch höchst selbst. Durch Skandale wie der Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche, viele rassistische, sexistische, homophobe Aussagen, die einfach nicht gesellschaftskonform sind, nimmt sich die Religion auch selbst ihre Wertigkeit. Irgendwo ist die Religion in der Entwicklung stehen geblieben und hat es selbst  nicht mitbekommen, aus Macht- und Geldgier heraus hat sich die Religion selbst zerstört und sorgt nun seit vielen Jahren für immer mehr Verachtung. Leider ist unser Bildungssystem auch nicht mitgewachsen und wir stehen heute vor einem großen Problem. Der Verfall der moralischen Gesellschaft. Die selbstauferlegte Sklavenarbeit im Kapitalismus und die damit verbundenen Unzulänglichkeiten in der Bildung. Die Kirche hat sich über Jahrhunderte in Zusammenarbeit mit den Herrschern eine Vormachtsstellung erarbeitet, indem sie den Menschen geistiges
 und materielles Kapital vorenthielten. Und auch heute leben wir noch nach diesem Prinzip. Wir werden entmündigt und ich bin mir ziemlich sicher, das dies nicht im Sinne der jeweiligen Propheten war.
Und weil wir ohne traditionelles Wertesystem gespalten werden, weil wir den Wert andersartiger Menschen nicht anerkennen können, sie machen uns Angst, zerfällt in der Globalisierung jede einzelne Gesellschaft. Gerade die westliche und die Vorderasiens.
Das können wir aktuell deutlich beobachten.
Warum also braucht der Mensch Religion? Er braucht die Religion zur eigenen Sicherheit, für die Stabilität in seinem Umfeld, für Liebe und Zuneigung gegenüber anderen Menschen, um in einer wertvollen (ja man denke da mal drüber nach) Gesellschaft leben zu können, eine Gesellschaft ohne Werte ist wertlos. Die Religion soll da abhilfe schaffen. Wir haben also die Religion nötiger denn je. Aber der Ruf der vorhandenen Religionen ist so stark beschädigt, dass es wohl kein zurück mehr gibt, wir haben ihn erreicht, den point of no return.
In diesem Sinne, schafft euch euer eigenes Moral- und Wertesystem, es ist notwendig, es gibt Sicherheit. Und bedient euch ruhig bei den Religionen, das ist keine Schande, im Gegenteil. Es verlangt keiner, dass ihr zu den äußerst gottesfürchtigen Menschen mutiert, das ergibt auch wenig Sinn. Aber es ist nicht alles schlecht, was in den theologischen Werken dieser Erde steht. Ich schließe mit Kant: “Sapere aude – Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!”. Schließe dich nicht dem Wertverfall an!
Standard

Leave a comment